Saborita – Rundschreiben zu den hiesigen Überschwemmungen
(von David Moya im Namen des ganzen Saborita-Teams)
Liebe FreundInnen von Saborita,
Ich war gerade dabei, euch einen Brief zu schicken, den ich in den ersten Regentagen vor über 3 Wochen geschrieben hatte, als wir die Olivenernte unterbrechen mussten. Es scheint eine Ewigkeit her zu sein, denn seitdem hatte sich der Regen in eine Sintflut verwandelt, und diese wurde zur Katastrophe, von der ihr sicherlich mittlerweile alle Kenntnis genommen habt. Seitdem sind wir tief betroffen und sehr besorgt um unsere Freunde, Familienangehörigen und betroffenen Mitarbeiter. Doch wir versuchen, uns nicht unterkriegen zu lassen, sondern mobilisieren uns täglich, um ihnen unsere Unterstützung und die Mittel zu bringen, die wir haben bzw. auftreiben können.
Den ursprünglichen Brief haben wir erstmal in den Hintergrund gestellt (siehe unten), und hier senden wir euch eine informative Mitteilung zur aktuellen Situation.
Viele von euch haben uns in den letzten Tagen kontaktiert und sich Sorgen um uns gemacht. Auch wenn wir auf die ersten Nachrichten noch antworten konnten, haben wir letztlich beschlossen, eine gemeinsame Meldung zu verfassen und sie an alle unsere Kontakte zu senden. Wir bitten um Entschuldigung bei denjenigen, denen wir bisher nicht persönlich antworten konnten; die diversen Aktionen in den letzten Tagen haben uns einfach komplett in Anspruch genommen. Wir alle haben zudem einige Tage gebraucht, um den ersten Schock zu überwinden, das Ausmaß der Katastrophe zu begreifen und zu sehen, wo und wie wir am Besten helfen können.
Vielen Dank auf jeden Fall für eure zahlreichen unterstützenden Worte; wir möchten euch hiermit bestätigen, dass es uns gut geht, sowohl dem gesamten Saborita-Team, als auch deren nahstehenden Verwandten sowie den anderen Landwirten aus unserem Netzwerk und Sabores de Vida. Die Region, in der wir uns befinden, Alto Palancia, war zwar von heftigen Gewittern mit starken Regenfällen und teilweise stürmischem Wind betroffen, aber hier kam es nicht zu Überschwemmungen. Wie oft bei starkem Regen wurden einige Trockenmauern unserer Terrassen beschädigt bzw. abgetragen, und ein Teil der Oliven, die wir ernten wollten, fiel zu Boden und kann nun nicht mehr verwendet werden, aber dies ist im Vergleich zum Ausmaß der Naturkatastrophe relativ unbedeutend. Wir haben wirklich Glück gehabt, welches leider viele Menschen hier in der Nähe nicht hatten.
Die Überschwemmungen ereigneten sich in der Region l’Horta Sur, südlich von Valencia, der am dichtesten besiedelten Region Valencias. In diesem Gebiet haben wir Kollegen, die Früchte, Gemüse und Reis anbauen, sowie nahe stehende Personen, die betroffen sind. Darunter auch mein Bruder Isra, der dort lebt. Obwohl er viele materielle Güter verloren hat, geht es ihm und seiner Familie gut.
Was wir hier mit euch teilen möchten und was uns Kraft gibt, ist die Widerstandsfähigkeit und Resilienz zu sehen, die wir Menschen haben, um weiterzumachen, und die unglaubliche Mobilisierung und Solidarität von Zehntausenden von Menschen, die von überall herkommen, um mit anzupacken und zu helfen.
Vor dieser Katastrophe war ich froh, meinen Brief fertiggestellt zu haben, eine Art Bilanz der insgesamt 12 Jahre Saborita. Darin erzähle ich euch einerseits eine Zusammenfassung all dessen, was wir erreicht haben und wo wir jetzt stehen, und andererseits von unserer großen Motivation, unser Netzwerk angesichts der Herausforderungen der nächsten 2 bis 3 Jahre noch weiter auszubauen.
Wir haben beschlossen, euch diesen Brief letztlich trotz allem zu schicken, denn auch wenn wir uns jetzt traurig fühlen und mit den Gedanken bei all denen sind, die uns jetzt brauchen in Valencia, erinnert uns gerade diese aktuelle Situation an die Wichtigkeit unserer Arbeit. Und dieser Gedanke treibt uns an, gerade jetzt mit unseren diversen Aktionen und Zielen und vor allem unserer Arbeitsweise weiterzumachen: einerseits eine resiliente Gemeinschaft von engagierten Landwirten und Verbrauchern aufzubauen, die miteinander verbunden sind; und andererseits, unsere Felder weiterhin so zu bewirtschaften, dass unsere einzigartige Mosaiklandschaft erhalten bleiben kann, in der wir Trockenmauern und Terrassen erhalten und lebendige Böden pflegen, die Wasser speichern und die Ansammlung in den Bächen bremsen können. Durch unsere spezifische Arbeit zur Regenwasserspeicherung und Anpassung an Dürreperioden sowie durch das traditionelle Terrassensystem haben wir es geschafft, dass unsere Böden wie riesige Schwämme funktionieren… ein Modell, das wir noch weiter entwickeln und fördern werden.
Wie wir nach dem großflächigen Waldbrand, der hier vor zwei Jahren wütete – der größte in Europa im Jahr 2022 – beobachten konnten, ist der Erhalt des traditionellen landwirtschaftlichen Erbes entscheidend. Diese Ereignisse haben gezeigt, dass das zunehmende Aufgeben dieser Kulturen, kombiniert mit der Landflucht und intensiven Monokulturen, immer mehr Räume schließt und sich vom Mosaik-Landschaftsmodell entfernt. Im mediterranen Kontext führt dies zu Vegetationsmassen, die für unser Klima ungeeignet sind, insbesondere für ein zunehmend extremes Klima.
So wie unsere traditionellen Sorten und Kulturen widerstandsfähiger gegen Trockenheit oder Starkregen sind, erscheint uns auch unsere Arbeitsweise mit den Verbrauchern unserer Produkte, den Einkaufsgemeinschaften, die nachhaltigste und resilienteste Form, damit wir dies langfristig fortführen können.
David wird euch in seinem Brief mehr dazu erzählen, aber ihr werdet sehen, dass wir u.a. dabei sind, ein Zentrum aufzubauen, einen „tiers-lieu“, eine Art Ausbildungszentrum und Treffpunkt, um unsere kollektive Intelligenz zu fördern und unter anderem Netzwerke von unterschiedlichen Akteuren (zwischen u.a. Landwirtschaft, VerbraucherInnen und Wissenschaft) zu stärken.
Falls ihr euch trotz allem dazu entscheidet, jetzt über uns und die letzten 12 Jahre Saborita lesen zu wollen, hier ist DER BRIEF, den David für euch vorbereitet hat.
Wie könnt ihr helfen?
In den letzten Tagen haben uns viele von euch gefragt, wie ihr den Betroffenen der Überschwemmungen helfen könnt. Wir wissen, dass der Wiederaufbau lange dauern wird und dass die Menschen, die alles verloren haben, unsere Unterstützung auf lange Sicht brauchen werden.
Zurzeit sind wir sowohl als Einzelpersonen als auch als Organisation in mehrere direkte Hilfsinitiativen involviert, wie etwa die Spende von Saborita-Lebensmitteln an zentrale Verteilerpunkte, etc. obwohl die Organisation derzeit noch schwierig ist.
Wir koordinieren uns bereits mit anderen Netzwerken und konzentrieren uns dabei vor allem auf unser Arbeitsgebiet, die Ernährung, und auch den Transport, und bald werden wir einen genaueren Aktionsplan definieren können, um eine solide und umfassendere Hilfe von Saborita aus zu zu unternehmen, sowohl für kurzfristige Fragen als auch langfristige Wiederaufbau-Projekte.
Die meisten Landwirte in der Region und auch in den umliegenden Gebieten von Valencia haben ihre Ernten verloren oder müssen nun sehr schnell den Teil einholen, der noch zu retten ist.
Falls ihr uns in irgendeiner Form bei unseren Bemühungen unterstützen möchtet, hinterlasst uns eure Kontaktdaten in diesem Formular und wir halten euch auf dem Laufenden, sobald der Aktionsplan definiert ist.
Und wir haben natürlich sofort unser Programm CORTO-CIRCUITO neu aufleben lassen, das wir während der Pandemie ins Leben gerufen haben, um unsere logistischen Ressourcen und unsere Kommunikationsfähigkeit den Landwirten und Verbrauchern in Not zur Verfügung zu stellen.
In großer Dankbarkeit für unsere Gemeinschaft, die wir sind.
P.S. : Bitte leitet diese Nachricht weiter, an all diejenigen, die Interesse haben könnten an unserer Arbeit, unserem Projekt oder den einzelnen Produkten, und auch an die, die uns vielleicht kennen und denen wir die Nachricht noch nicht übermitteln konnten.